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Berq

»Eigen, frisch, mutig, dreist« — mit diesen Attributen umschrieb Altmeister Herbert Grönemeyer im April 2023 eine Reihe junger Künstler*innen, die ihn aktuell begeistern. Zwischen Nina Chuba und Edwin Rosen tauchte in dieser Reihe auch der Name eines neunzehnjährigen Musikers auf, dessen Katalog zu diesem Zeitpunkt lediglich zwei Songs umfasste: Berq. Schon der allererste, »Echo«, hat im September 2022 ein Lauffeuer entfacht, das bis heute nachlodert. Berq selbst beäugte den wachsenden Hype um seine Person zunächst mit Misstrauen: jahrelang hat selbst sein persönliches Umfeld teilnahmslos bis verwirrt auf seine musikalischen Gehversuche reagiert. Zwischen Post-Abi- Ideenlosigkeit und aussichtsreichen Label-Angeboten lagen nur ein paar Wochen, zwischen spärlich eingerichtetem Kellerstudio im Hamburger Elternhaus und Support-Shows für Schmyt, ENNIO und Paula Hartmann kein halbes Jahr. Im Mai 2023 nun, veröffentlicht Berq seine Debüt-EP — »ROTE FLAGGEN«, eine Tragödie in fünf Akten, die niemals für die Öffentlichkeit bestimmt war und vielleicht genau deshalb berauscht, aufwühlt und erschüttert wie lange nichts.

Berq-Musik ist auf allen Ebenen outstanding. Sie erzwingt dieses Anderssein nicht, entfaltet ihren unorthodox ignoranten Puls mit verblüffender Selbstverständlichkeit. Die Art, wie Berq Melodien modelliert und taktet, wie er spricht und ausspricht, wie er Flächen schafft und Lautstärken changiert, scheint ganz und gar uninspiriert von den Regeln zeitgenössischer Popkultur. Auf Basis klassischer Notenlehre denkt Berq seine Kunst grenzenlos, als geordnetes Chaos. Wer seine auf TikTok viral gegangenen Studio-Tutorials kennt, weiß, mit welcher Leichtigkeit er eigenhändig Klangfolgen findet, komponiert, ausproduziert, textet, einsingt und mit Effekten spielt. Am Ende seiner Sessions stehen Stücke, die ganze Bahnhofshallen bis unter’s Dach füllen könnten: hymnisch, vielspurig, wuselnd, überrumpelnd und dennoch frei von jeglicher Hektik. Stücke, die selten auf den großen, kalkulieren Drop abzielen, sich stattdessen in sanften Wellenschlägen aufbauen und in maximaler Breite ihren 

Gipfelpunkt, den Refrain, erreichen. Ein leiernder Kopfstimmen-Chor verästelt sich in unzählige Harmonien — stets dominiert von Berqs Main Vocal, die wechselweise heult, brummt, zwitschert, schreit, zischt, quäkt, summt, Silben feierlich lang zieht und dann wieder rattern lässt.

Und dann wären da, natürlich, noch diese balladenartigen Texte voller erschlagend intimer Gedanken. Gedanken, die man normalerweise nicht einmal mit seinen engsten Freund*innen teilen würde — formuliert in einer Bildsprache, die sich trotz ihrer episch-poetischen Note kaum unmittelbarer anfühlen könnte. Berq schreibt, trotz teils unwirklich gehobener Formulierungen, im totalen Jetzt, berichtet stets aus dem Epizentrum des Moments, in dem die Crossmaschine mit Vollkaracho das kreuzende Auto crasht. Berq lügt, post und verrenkt sich nicht, protokolliert vielmehr — nur eben unter dem Dach großer Kunst: »Deine Liebe die Feder, du selbst bist der Wind, nein, du bist ein Fehler, kein himmlisches Kind«.

Berqs Abgesänge wiegen schwer wie Blei, ergreifen von Kopf bis Fuß. Sie erzählen von verlorener Liebe, von abgründigen Gefühlen, Eifersucht und Rachephantasien; vom Kampf mit dem eigenen Schatten, von »roten Flaggen«, die einen von allen Seiten umzingeln, von innerem Feuer, das zu verglühen droht, von endgültigem Abschied. Hier und da erinnern sie in ihrer Tragik an Goethes »jungen Werther« — »danke für die Reste in der Brust, wo bei anderen ein Herz ist«. Erdrückend unmittelbar dokumentiert die Pentalogie »ROTE FLAGGEN« Fragmente aus Berqs Jugendzeit. Vor etwa drei Jahren hätte ihn seine erste ersthafte Liebesbeziehung um ein Haar kaputt gemacht — im Auge des Sturms schrieb er Briefe an ein real existierendes ‚Du‘. »Einmal verliebt (Intro)« läutet die Tragödie eher codiert ein, fühlt sich zum Ende hin an wie ein unheilvoller Kinotrailer, eine schemenhafte Weissagung. »Rote Flaggen« konkretisiert dann, verführerisch sommerlich untermalt, den Gegenstand des Dramas: »Find’ ich mich nur, wenn ich dich verlier’?«. »Echo« vertieft den emotionalen Riss irreversibel, lässt den Protagonisten vom eigenen Herzschlag verprügeln und führt einen unliebsamen Antagonisten ein, bevor »Achilles« das Zerwürfnis komplett macht. »2 Minuten«, das finale und in seiner Struktur konventionellste Stück der EP, lässt das bisherige Opfer der Geschichte beinahe zum Täter werden: »Deine Lippen küssen ihn, meine brennen von Benzin«. Die maximale Zuspitzung, danach Stille.

Bedenkt man, wie jung Felix Dautzenberg — so heißt Berq mit bürgerlichem Namen — ist, verwundert es kaum, dass er, wenn er ins Reden kommt, viel von seiner Kindheit erzählt. Dann erinnert er sich daran, wie er sich schon als Sechsjähriger nichts sehnlicher gewünscht hat, als endlich Gitarre spielen zu dürfen. Und daran, wie er schon damals lieber selbst Partituren gebaut hat, als die Musik anderer nachzuspielen. Zwölf Jahre lang ist er jeden Samstag freiwillig zum Musiktheorie-Unterricht gegangen, blühte, 

wenngleich ihn der restliche Schulalltag kaum interessierte, in der Schülerband seines Gymnasiums auf. Die andere Hälfte seiner Jugend hat Felix, wie eingangs erwähnt, in einem Kellerraum verbracht — hier hat er sich das Produzieren beigebracht, experimentiert, in jahrelanger Kleinarbeit seinen Stil gefunden. Wenn Felix nicht allein im Raum saß, hat er ihn sich mit David Kunze geteilt, einem befreundeten Musiker und Technik-Nerd, der seine musikalische Vision früh verstanden hat. Viele seiner Skills hat Felix ihm zu verdanken, auch am Großprojekt »ROTE FLAGGEN« war David maßgeblichen beteiligt.

Die EP ist das Ergebnis jahrelanger akribischer Arbeit, einige Songs setzen sich aus mehr als einhundert Spuren zusammen. Das dilettantische Setup hat Berq immer wieder zur Improvisation gezwungen, gleichzeitig hätte er sich beinahe in Detailversessenheit verloren. Berqs Perfektionismus hat seinen Höhepunkt in einer Zeit unterschwelliger Perspektivlosigkeit erreicht — im Sommer 2022, als er, sein Abi frisch in der Tasche, plötzlich ins echte Leben geworfen wurde. Berq beschloss damals, es an der Mannheimer Popakademie zu versuchen, zog vier der fünf Songs, die heute »ROTE FLAGGEN« bilden, zu einer Bewerbungsmappe zusammen. Veröffentlichen wollte er sie, so absurd das klingen mag, zu diesem Zeitpunkt nicht. Als er »Echo« ein paar Wochen später dann doch ins Internet stellte und dem Song wider Erwarten TikTok-Flügel wuchsen, veränderte sich sein Leben schlagartig: Die Popakademie war für’s erste kein Thema mehr, stattdessen bezog Berq ein professionelles Studio in Hamburg und wird seitdem in professionellen Strukturen betreut.

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